Freitag, 21. Dezember 2012

Mangelhafte Daten gefährden Überwachung Nordamerika-Reisender

Die schlechte Qualität der übermittelten Daten könnte die geplante gemeinsame Überwachung von Reisenden durch die Behörden Kanadas und der USA gefährden. Dies geht aus internen Dokumenten der kanadischen Grenzpolizei (CBSA) hervor, die The Canadian Press über eine Anfrage nach dem kanadischen Informationsfreiheitsgesetz erhalten hat. Die von den Fluglinien gesammelten Passagierdaten seien schlicht unzuverlässig. Die Behörden arbeiten an Verschärfungen, unter anderem um die Datenqualität zu heben.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht das geplante gemeinsame System "Entry-Exit Tracking". Es soll alle Personen und Güter, die eine Grenze der USA oder Kanadas passieren, zentral erfassen. Dies ist Teil der Vereinbarung "Beyond the Border", die US-Präsident Barack Obama und der konservative Premierminister Kanadas, Stephen Harper, im Februar 2011 getroffen haben. Der Transport von Gütern und Personen soll vereinfacht, die Überwachung intensiviert werden.

Im Personenbereich soll unter anderem geprüft werden, ob die Aufenthaltsbestimmungen eingehalten werden. Dazu gehören nicht nur Visa-Fristen und Abschiebungen, sondern etwa auch die Beweisführung über erreichte Aufenthaltsdauern, wenn jemand um die Staatsbürgerschaft ansucht. Kanada will demnach neben den bereits gesammelten Daten aller Einreisenden wie die USA die Informationen auch über alle Ausreisenden erheben.

Dabei werden auch biometrische Profile angelegt, die dann dem jeweils anderen Staat übermittelt werden. Pilotprojekte, um Drittstaatsangehörigen zu erfassen, laufen bereits; ab Mitte 2014 sollen auch Bürger der USA und Kanadas selbst erfasst werden. Zunächst an allen Straßengrenzen sowie Flughäfen, später sollen Bahn- und Schiffsreisende hinzukommen.

Doch die Daten aus den Programmen der "Advance Passenger Information" (API) sowie den Reservierungssystemen der Fluglinien (Passenger Name Records, PNR) sind schlecht. 2007 hatte die kanadische Grenzpolizei eine Stichprobe von vier Flugzeugen genauer untersucht: Dabei waren 37 Prozent der Passagierdatensätze fehlerhaft. Wie weit diese Quote in den vergangenen fünf Jahren gesenkt werden konnte, ist nicht bekannt.

Aber das interne Dokument aus dem Februar 2012 gibt keinen Grund zu Optimismus: "Die Qualität der Daten, die derzeit durch Advance Passenger Information übermittelt werden, könnte Herausforderungen für das erfolgreiche Abgleichen der Aus- und Einreisedatensätze mit sich bringen." Dabei könnten nicht bloß der selbe Reisende mehrmals als unterschiedliche Person erfasst werden. Auch umgekehrt könnte eine Person mit einer anderen verwechselt werden, was für den Betroffenen sehr unangenehme Folgen haben kann.

Derzeit verhandeln die beiden Regierungen miteinander sowie mit Fluglinien über Details eines Abkommens. Besprochen wird, wie welche Daten erhoben, übermittelt und überprüft werden müssen. Den Bürgern werden Erleichterungen beim Umsteigen auf grenzüberschreitenden Flügen sowie die Messung und Veröffentlichung der Grenzwartezeiten versprochen.

Die kanadische Datenschutzkommmissarin Jennifer Stoddart hatte voriges Jahr empfohlen, biometrische Daten nur dezentral zu speichern, um Missbrauch zu vermeiden. Das würde aber dem Plan, Biometriedaten an das jeweils andere Land weiterzugeben, zuwiderlaufen. Diese Daten sollen nicht nur gegen die Anmaßung falscher Identität und für genauere Grenzkontrollen genutzt werden, sondern auch für "andere Rechtsdurchsetzungen".

Kanada will, wie bereits die USA, eine elektronische Reisegenehmigung vorschreiben, analog dem Electronic System for Travel Authorization (ESTA) der USA. Damit sollen alle Kanadareisenden, die kein Visum benötigen, im Voraus erfasst werden. Wer nicht willkommen ist, darf dann gar nicht mehr ins Flugzeug. Ihre Listen unerwünschter Personen wollen die beiden Staaten teilen. Die genauen Auswirkungen des Projekts auf die Abkommen zur Datenweitergabe mit der EU und der Schweiz sind derzeit nicht bekannt.

Die beiden nordamerikanischen Flächenstaaten wollen auch ihre Systeme zur Grenzüberwachung zusammenschalten sowie in der Aufklärung intensiver zusammenarbeiten. Druck, das Programm zu beschleunigen, kommt vor allem aus der Wirtschaft. Unternehmen stöhnen unter den Kosten für Wartezeiten und Bürokratie beim grenzüberschreitenden Warentransport. Zudem steht an, die Zulassungsbestimmungen für Gesundheitsprodukte anzugleichen, was deren grenzüberschreitende Vermarktung ermöglichen würde.

Zur gemeinsamen Strategie Kanadas und der USA gehört auch der Kampf um Sicherheit im Internet. Um die Vereinbarung "Beyond the Border" zu konkretisieren wurde ein "Cyber Security Action Plan" ausgearbeitet und kürzlich vorgestellt. Er sieht enge Zusammenarbeit zwischen dem US-Ministerium für innere Sicherheit und dem kanadischen Ministerium für Öffentliche Sicherheit vor.

Sie wollen die elektronische Infrastruktur gemeinsam und zusammen mit der Privatwirtschaft stärker schützen – und betonen, dass der Plan nur Teil einer bereits bisher intensiven Kooperation ist. Künftig sollen die Cyberagenten mehr in Echtzeit kollaborieren, mehr Daten aller Geheimhaltungsstufen austauschen und einander mehr Informationen über Industrieanlagen bereitstellen. Beabsichtigt wird auch, interne Prozesse anzupassen und koordiniert auf Vorfälle im Bereich Cybersecurity zu reagieren, was ausdrücklich auch den Verteidigungsbereich umfasst. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)


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