Montag, 25. Februar 2013

Piratenpolitiker Lauer fordert ständige Mitgliederversammlung im Netz

Die von den Piraten genutzte Internet-Plattform Liquid Feedback stößt auch bei anderen Parteien auf Interesse. Die Piraten selbst aber fremdeln im Umgang mit ihrem Online-Netzwerk. Nur 6000 der mehr als 34.000 Mitglieder sind dort aktiv – die Abstimmungen seien daher nicht repräsentativ, bemängelt das scheidende Vorstandsmitglied Matthias Schrade. Hingegen fordert der Fraktionsvorsitzende der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus, Christopher Lauer, eine ständige Mitgliederversammlung im Internet. Vor dem Parteitag am Wochenende in Bochum beantwortet er Fragen der dpa.

Herr Lauer, warum gibt es diese Vorbehalte gegen Liquid Feedback in Ihrer Partei?

Lauer
Lauer
Bild: dpa "Es ist mir egal, welche Motivation die Leute haben, die Liquid Feedback nicht benutzen wollen. Fakt ist, dass diese Personen bis zum heutigen Tage keine einzige, auch nur ansatzweise durchführbare Alternative vorgelegt haben. Ausgerechnet die als Internet-Partei angetretene Kraft, die diese digitale Umwälzung der Gesellschaft politisch begleiten möchte, sagt: Nein, wir treffen uns nicht im Netz, sondern alle persönlich, um unser Programm zu beschließen, weil wir Zeit- und Geldnot total geil finden. Die ständige Mitgliederversammlung ist alternativlos."

Warum und was sind die Vorteile einer Versammlung im Netz?

"Wenn man sich anschaut, was ein Parteitag kostet und welche Ressourcen das verschlingt, liegt es auf der Hand, dass wir mit einer ständigen Mitgliederversammlug unser Programm deutlich schneller und effektiver erweitern. Und wenn die Piratenpartei dieses Mantra hat, eine direktere Beteiligung der Mitglieder zu erreichen, dass alle einbezogen werden und es nicht darauf ankommt, in irgendeinem Gremium zu sein – dann ist diese Software Liquid Feedback die beste Möglichkeit, die Beteiligung der Mitglieder sicherzustellen. Wir müssen als Partei mutiger werden. Deswegen sollten wir uns auch für eine ständige Mitgliederversammlung über Liquid Feedback entscheiden."

Warum tut sich die Piratenpartei gerade so schwer, sich in der Öffentlichkeit positiv zu präsentieren?

"In dem Moment, wo man in der Öffentlichkeit wieder über einzelne Tweets oder Personen oder über abwegige Kommentierungen des Zeitgeschehens diskutiert, wird die Aufmerksamkeit, die die Piratenpartei noch immer hat, nicht sinnvoll genutzt. Alle Verantwortlichen sollten sich klar machen, welche historische Chance sich bietet: Die durch das Internet sozialisierte Generation kann den Marsch durch die Institution antreten und endlich mal die Fragen durchdeklinieren: Wie verändern die Digitalisierung und die globale Vernetzung Arbeit, Wirtschaft, Wissen und Infrastruktur? Wir haben die Verpflichtung, diese Chance zu nutzen."

Was erhoffen Sie sich nun vom Bundesparteitag in Bochum?

"Ich wünsche mir von dem Parteitag, dass in der Öffentlichkeit klar wird: Es gibt eine große Zahl von Parteimitgliedern, die die Partei inhaltlich voranbringen wollen. Außerdem sollte der Parteitag auch ein Signal nach innen aussenden, dass es allein darum geht, die Inhalte in die Parlamente zu bringen und sich nicht im Klein-Klein zu verzetteln. Schließlich hoffe ich, allen Mandats- und Amtsträgern wird bewusst, dass die Partei nicht aus 45 Landtagsabgeordneten und einem Bundesvorstand besteht, sondern aus einer großen Zahl von Mitgliedern, die sich aufmacht, zu so einem Parteitag zu fahren. Bei der Fülle der anstehenden Anträge würde ich mich sehr freuen, wenn wir in Bochum die Grundlagen für ein wirtschaftspolitisches Programm hinbekommen könnten. Das wäre für mich ein Meilenstein."

Geht da noch was für die Piraten bei der Bundestagswahl 2013?

"Auch bei Umfragewerten von vier bis fünf Prozent haben wir die faire Chance, die Fünfprozenthürde zu knacken, wenn wir im Bundestagswahlkampf hart arbeiten und allen erklären, warum es wichtig ist, dass es eine neue Kraft im Bundestag gibt." (Peter Zschunke, dpa) / (anw)


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