Sonntag, 17. Februar 2013

Urteil im FRAND-Prozess erst im nächsten Jahr

Vor einem US-Bundesgericht in Seattle ist am Dienstag die erste Verhandlungsphase im Patentprozess zwischen Microsoft und der Google-Tochter Motorola Mobility zu Ende gegangen. Mit einem Urteil in dem branchenweit beachteten Verfahren ist so bald jedoch nicht zu rechnen. Bis Mitte Dezember haben die beiden Streithähne nun Zeit, ihre Schlussbemerkungen schriftlich vorzulegen. Erst dann will Richter James Robart eine Entscheidung fällen – Prozessbeobachter gehen davon aus, dass er sich damit bis Anfang nächsten Jahres Zeit lassen wird.

In dem Verfahren geht es um angemessene Lizenzgebühren für patentierte Techniken, die Teil eines Industriestandards sind. Motorola Mobility hat Microsoft vorgeworfen, mit seinem Betriebssystem Windows und der Spielkonsole Xbox 360 Patente zu verletzen, die zum WLAN-Standard 802.11 und zum Video-Codec H.264 gehören. Microsoft hatte den Angriff mit der Gegenklage erwidert, Motorola sei nicht bereit gewesen, Lizenzen für die patentierten Techniken zu angemessenen Konditionen zu erteilen. Damit habe der Handyhersteller gegen Verpflichtungen verstoßen, die er gegenüber den Standardisierungsorganisationen eingegangen ist.

Bezüglich des WLAN-Standards hat Motorola seinen Vorwurf inzwischen fallen gelassen. Das spielt für die Tragweite des Verfahrens aber keine Rolle: Im Kern geht es in Seattle um die Frage, was FRAND ist. "Fair, reasonable and non-discriminatory" sollen die Lizenzbedingungen für standardrelevante Patente sein. So steht es in den branchenüblichen Übereinkünften, die Patentinhaber mit Standardisierungsorganisationen treffen, wenn ihre Technik in einen Standard aufgenommen wird.

Wie FRAND konkret auszusehen hat, war bisher Verhandlungssache zwischen Patentinhaber und Lizenznehmer. In dem Verfahren in Seattle wird nun erstmals ein US-Gericht versuchen, allgemeingültige Maßstäbe für das FRAND-Prinzip zu definieren und für den konkreten Fall anwenden, um zu einer angemessenen Lizenzgebühr zu kommen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird es dann um die Frage gehen, ob Motorola Mobility mit der Verweigerung angemessener Lizenzbedingungen vertragsbrüchig geworden ist.

Motorola hatte ursprünglich 2,25 Prozent des Ladenpreises von Xbox und Windows-Produkten gefordert. Microsoft meint, das seien rund 4 Milliarden US-Dollar pro Jahr – zu viel also. Motorola hält dagegen, das sei nur eine Hausnummer für die Verhandlungen gewesen.

Der Prozess ist einer der wichtigsten Schauplätze des globalen Patentkriegs um Mobilfunktechniken. Die Branchenriesen Microsoft und Apple, beide mit stattlichem Patentarsenalen ausgestattet, bekämpfen die Konkurrenz aus dem Android-Lager mit allen Mitteln. Auch Motorola besitzt einen reichen Patentschatz, weshalb Google auch bereit war, 12,5 Milliarden US-Dollar für den Handyhersteller hinzublättern. An Robarts Entscheidung wird auch gemessen werden, ob das eine gute Investition war.

Motorola und Microsoft streiten vor verschiedenen internationalen Gerichten. Dass die Google-Tochter dabei auch standardrelevante Techniken ins Feld führt, wird von US-amerikanischen und europäischen Aufsichtsbehörden mit Skepsis betrachtet. (vbr)


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