Samstag, 16. Februar 2013

Sciencestarter: Crowdfunding für wissenschaftliche Projekte

Crowdfunding, die öffentliche Finanzierung von Projekten durch viele kleine Beiträge, erreicht die Wissenschaftswelt. International existieren bereits einige Crowdfunding- Plattformen für wissenschaftliche Vorhaben. Mit dem vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft getragenen Sciencestarter geht am heutigen Mittwoch der erste deutsche Service online.

Sciencestarter und seine englischsprachigen Verwandten wollen die Finanzierung wissenschaftlicher Projekte flexibilisieren. Besonders geeignet scheint das Verfahren für Projekte und Anschaffungen, die ein Forschungsinstitut nicht selbst finanzieren kann, für die aber ein Antrag auf Unterstützung durch klassische Fördereinrichtungen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG oder das Bundesministerium für Forschung und Bildung BMBF hinsichtlich Verwaltungsaufwand oder Volumen überdimensioniert ist.

So konnten beispielsweise Wissenschaftler über die Crowdfunding-Plattform Open Source Science Project (OSSP) 64.000 US-Dollar einwerben, um die Wasserqualität des Mississippi zu kartographieren. Laut Sciencestarter-Projektleiter Thorsten Witt können neben Forschungsprojekten auch wissenschaftliche Reisen, Beiträge zur Wissenschaftskommunikation wie Scienceslams oder Publikationen als Vorschläge eingereicht werden.

Während manche Plattformen wie OSSP und SciFlies Projektvorschläge vor der Freigabe einer wissenschaftlichen Qualitätsprüfung durch eine Peer Review unterziehen, verzichten andere auf dieses Verfahren und setzten lieber auf einen qualitätssichernden Öffentlichkeitseffekt: Man vertraut darauf, dass sich Wissenschaftler nur mit ausgereiften Ideen dem öffentlichen Forum des Crowdfundings aussetzen.

Sciencestarter wählt ein abgestuftes Verfahren: Vorschläge werden intern gesichtet und im Zweifelsfall von Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirates genauer geprüft. Zudem kennt auch der Sciencestarter eine im Crowdfunding nicht unübliche Inkubator- oder Startphase, in der Interessenten und die wissenschaftliche Community die Projektidee kommentieren können. Erst ausreichende Unterstützung in der Startphase eröffnet die eigentliche Finanzierungsphase, in der Mittel für das Projekt eingeworben werden können.

Da jedermann für vorgeschlagene Projekte spenden kann, verspricht man sich von wissenschaftlichem Crowdfunding auch ein zivilgesellschaftliches Engagement für und Interesse an Forschung. Zuweilen wird damit auch eine Verbindung zur Citizen Science_blank assoziiert, denn bei einigen Plattformen kann nicht nur jedermann als Mäzen, sondern auch als Forscher agieren und eigene Projekte vorschlagen. Auch wer im Sciencestarter Vorhaben fördern lassen will, muss weder an einer wissenschaftlichen Einrichtung tätig sein, noch eine akademische Ausbildung vorweisen.

Inwieweit das Modell des wissenschaftlichen Cowdfundings Auswirkungen auf wissenschaftliche Arbeitsbedingungen zeitigt, ist noch unklar. Die akademische Berufswelt verzeichnet bereits jetzt einen überdurchschnittlich hohen Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Crowdfunding könnte diese Prekarisierung vorantreiben, aber auch als Finanzierungsquelle freiberuflicher, unabhängiger Wissenschaftler dienen. (Ulrich Herb) / (odi)


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